„An so einem Tag darf man sicher nicht sagen, unsere Kernkraftwerke sind sicher“, sagte Angela Merkel. Machte eine Pause und fügte hinzu: „Sie sind sicher.“ So ein Tag – das war eine Pressekonferenz kurz nachdem am 11. März 2011 im japanischen Fukushima wegen eines Erdbebens eine Reihe von Reaktorstörfällen ausgelöst und radioaktives Material in die Umgebung ausgetreten war. Sicher waren offenbar nicht die Atomkraftwerke, aber dafür die Tatsache, dass nichts mehr sicher war. Dass Atomkraft unverzichtbar für den deutschen Energiemix sei, zum Beispiel.

Nicht wenige, die heute das Wort „Energiewende“ in den Mund nehmen, sprechen genau über diesen Umbruch und setzen ihn mit dem Atomausstieg gleich. Das Mammutprojekt der Bundesrepublik Deutschland wurde zwar 2011 aufgrund der Katastrophe in Japan deutlich beschleunigt, doch diese Idee wurde schon früher konkret: Bereits im Jahr 2000 wurde im sogenannten „Atomkonsens“ parlamentarisch beschlossen, schrittweise aus der Atomkraft auszusteigen. Fast zeitgleich wurde das Erneuerbare-Energien-Gesetz verabschiedet, das „den Erneuerbaren“ mit festen Vergütungen und Einspeisegarantie einen Vorteil gegenüber fossilen Energieträgern wie Kohle verschaffen sollte.

„Energiewende darf nicht nur Stromwende sein. Der Wärmesektor ist die große Herausforderung der Energiewende“, sagte der thüringische Wirtschaftsminister Matthias Machnig kürzlich bei einem Besuch des Solarthermie-Anbieters Solvis. Je nach Interessenlage hätte ein Verbandschef vielleicht gesagt, Elektromobilität sei das große Thema, Gebäudesanierung oder die Einspeisung von Biogas. Tatsächlich wird in Zusammenhang mit der Energiewende nämlich überproportional viel über Strom gesprochen, während andere Bausteine in den Hintergrund treten.

Dabei enthält das Energiekonzept 2050, das vor drei Jahren beschlossen wurde, viele Ziele und Maßnahmenkataloge. Über allem steht der Auftrag, dem globalen Klimawandel etwas entgegenzusetzen, indem Deutschland seinen CO2-Ausstoß verringert und somit weniger zur Erderwärmung beiträgt: Bis zum Jahr 2020 sollen wir um 40 Prozent weniger Treibhausgase produzieren, bis 2050 sogar um 80 bis 95 Prozent weniger. Als Basisjahr zum Vergleich dienen dabei die Werte von 1990.

Natürlich spielt auch die Art der Energieerzeugung eine große Rolle, da beispielsweise Sonnen- oder Windenergie deutlich sauberer sind: 18 Prozent bis 2020, und im Jahr 2050 schon 60 Prozent erneuerbare Energiequellen soll Deutschland künftig im Energiemix haben. Ihr Anteil am Stromverbrauch muss bis in 37 Jahren sogar schon 80 Prozent betragen. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 lag dieser Beitrag immerhin schon bei 23 Prozent.

Weitere wichtige Kernpunkte sind die Themen Energiefizienz – der Gesamtenergieverbrauch inklusive Verlusten soll schlussendlich halbiert werden, oder der starke Ausbau der Elektromobilität: So sollen im Jahr 2030 schon 6 Millionen Elektrofahrzeuge gefahren werden und im Idealfall sogar als Stromspreicher dienen. Und wenn die Bundesregierung schreibt, sie wolle die Sanierungsrate vom Gebäudebestand von einem Hundertstel auf zwei Hundertstel verdoppeln, klingt das wenig ambitioniert. Dass Gebäude im Jahr 2050 aber klimaneutral sein sollen, schon eher.

Dass solche heeren Ziele wünschenswert sind, da sind sich die Deutschen offenbar einig: In einer aktuellen Forsa-Umfrage mit 1227 Befragten sprachen sich vier Fünftel für die Energiewende aus. Allerdings war nur die Hälfte mit der konkreten Umsetzung zufrieden.