Ist Panama wirklich oh so schön? Wir hatten genug von Pauschalkomfort und reisten mit Rucksäcken die Panamericana hinunter. Mit im Gepäck: Zwei kleine Kinder.

Im Paradies gibt es Streit. Wir liegen im Schatten der Palmen, an einem der besten Surfstrände Panamas, warme Wellen rollen einladend auf uns zu. Selbst das kleine Dörfchen Santa Catalina ist zu Fuß eine halbe Stunde entfernt und man muss dafür erst durch einen seichten Flusslauf waten. Nachts funkeln tausende Sterne am Himmel und am Boden hinterlassen ebenso viele Einsiedlerkrebse ihre Spuren im Sand. Eine idyllische Ruhe also. Aber meine Söhne kloppen sich um eine hohle Kokosnuss! Aaron will ganz alleine den dunklen Vulkansand hinein schaufeln. Die helfenden Patschhände seines kleinen Bruders Levi empfindet er dabei als Zumutung. „Nein, das is meine Gokonuss! Meineeeee!“ Kreischen, Schubsen, Weinen. Aber das bringt mich nicht aus der Ruhe. Nicht hier, nicht mehr.

„Schau Levi, da vorne liegt noch eine Kokosnuss“, sage ich nur und zeige auf die nächste Palme. Wir sind erst seit einer Woche unterwegs und ich bin so gelassen wie schon lange nicht mehr. Das liegt nicht nur am eiskalten Balboa, einem panamaischen Bier, das ich mir zu einer unanständig frühen Uhrzeit bereits genehmigt habe. Der Weg zur neuen Lockerheit führte über die Panamericana.

Auf ihr könnte man – bis auf eine legendäre Lücke zwischen Panama und Kolumbien – von Alaska bis nach Feuerland fahren. Unsere Route ist deutlich kürzer und dennoch aufregend genug: vom turbulenten Panama City fast bis an die Grenze zu Costa Rica, in das kühle Bergdorf Boquete. Das alles mit öffentlichen Bussen.Foto: Josef Mayerhofer

Der Tropenarzt sagt: „Ihr seid safe.“

Es ist unsere erste echte Rucksackreise. Weil wir schon im Studium Eltern wurden, kamen wir nicht mehr dazu. Unsere Ferien verbrachten wir plötzlich ganz anders als unsere kinderlosen, ungebundenen und abenteuersüchtigen Freunde: eine Woche Nordsee, eine Ferienwohnung in der Toskana, Halbpension auf Madeira und keine besonderen Vorkommnisse.
Als sich Levi langsam vom Baby zum Kleinkind entwickelt, denken wir immer öfter: „Da muss doch noch mehr gehen!“ Wir möchten endlich wieder die perfekt gepolsterte Komfortzone des Alltags verlassen.
Panama reizt uns, weil es nicht sehr touristisch ist und trotzdem sicher. Geradezu ideal für ein erstes Familienabenteuer. Kriminalität ist fern der großen Städte selten ein Problem, nennenswerte Krankheiten wie Malaria, Gelbfieber und Dengue beschränken sich auf ganz bestimmte Dschungelregionen. Und das Wasser aus der Leitung kann man meist bedenkenlos trinken. Das sind die Argumente für den Kopf. Die anderen, noch wichtigeren: Traumstrände! Dschungel! Affen! Mangos frisch vom Baum!

Sechzehn Nationalparks, eine karibische und eine pazifischen Küste, die interessante Kultur mit ihren traditionsreichen, indigenen Gemeinschaften – es würde uns leicht fallen, mehrere Monate hier zu bleiben. Leider ist unsere Studentenzeit schon vorbei, wir haben nur zwei Wochen frei. In denen wollen wir so viel wie möglich sehen von diesem kontrastreichen, spannenden Land. Und am liebsten so spontan und bodenständig wie möglich reisen. Aber, Backpacking mit Kleinkindern? Uff.

Foto: Josef Mayerhofer

Foto: Josef Mayerhofer

Welche Impfungen brauchen wir? Wie sollen wir die Kinder und zusätzlich noch unser ganzes Gepäck auf einmal tragen können? Was, wenn wir an einer staubigen Landstraße stundenlang in der prallen Sonne auf den nächsten Bus warten müssen?

Unser weltgewandter Tropenarzt verpasst der ganzen Familie eine Spritze gegen Hepatitis A, redet uns die Gelbfieberimpfung aus und beruhigt uns mit dem fachlich klingenden Rat: „Solang ihr nicht in den Darién fahrt, seid ihr safe“. Wir decken uns mit vier Flaschen Mückenschutz für Kleinkinder ein, besorgen ein Moskitonetz, Safarimützen mit Nackenschutz für die Stunden an der Bushaltestelle, extraleichte Handtücher aus Mikrofaser, einen Bootssack und zwei Kinderschwimmwesten, falls wir mit dem Wassertaxi fahren. Dafür halbiere ich die Kleidungsstapel, wir werden alle drei Tage waschen müssen. Ein paar Autos, Buntstifte, zwei Sandschaufeln und einige Pixibücher, ein Plastikteller für jedes Kind und Windeln für die ersten 48 Stunden. Nur das Wichtigste darf mit.

Drei Kreuze vor der Busfahrt

In der S-Bahn zum Flughafen lassen wir es das ganze Abteil wissen: Diese Backpacks sind eine Offenbarung! „So könnte ich ein paar Stunden wandern“, behauptet Josef lauter als nötig. Mit den Kindern vor die Brust geschnallt sehen wir beide zwar aus wie die Kamele einer Karawane, aber wir haben endlich mal die Hände frei. Der Kofferwaage beim Check-In wollen wir dann gar nicht glauben: 26 Kilo Gepäck für vier Personen? Der Rucksack der Surferin am Schalter nebenan wiegt fast genauso viel. „Schau mal, die muss umpacken“, flüstere ich Josef ein wenig schadenfroh zu.

Auf dem Nachtflug über Santo Domingo ist die Schadenfreude vergessen. Die Surferin schlummert mit Ohropax und Schlafbrille – ich schaukle schon seit einer Ewigkeit mein total übermüdetes Kind. Ich glaube zu wissen, welche Gedanken sich hinter den mitleidsvollen Blicken verbergen, die uns die anderen Passagiere zuwerfen: „Was machen diese Egoisten mit den Kleinen auf einem Langstreckenflug? Die armen Kinder!“ Wir können es nicht leugnen: Für unsere Söhne müssten wir nicht auf die andere Seite des Atlantiks fliegen. Ein Ausflug ins Panoramabad würde schon reichen.

Foto: Josef Mayerhofer

 

Mein Gewissen und ich sind wieder Freunde, als wir unser Hostel in einem grünen Teil von Panama City erreichen. Aaron entdeckt im tropischen Garten ein Agouti. Mit einem amerikanischen Jungen beginnt er sofort eine wilde Verfolgungsjagd nach dem Tier, das aussieht wie ein abgemagertes Meerschwein mit zu langen Beinen. Die Kinder spielen noch Stunden zusammen, ohne ein Wort voneinander zu verstehen. Josef und ich nehmen ein Frühstück aus Ananas, Melone und Papaya, und beobachten die Kolibris dabei, wie sie von den Strelizien naschen.

Die Busreise nach El Valle am nächsten Tag fängt gut an: Mit unserem frisch erlernten Spanisch fragen wir uns problemlos zum Minibus durch, der schlafende Aaron wird auf den weinrot gepolsterten Sitzen abgelegt und wacht trotz voll aufgedrehter Folklore-Musik nicht auf. Ein wenig verunsichert uns nur, dass eine junge Frau sich beim Einsteigen dreimal bekreuzigt. Die Fahrt über den beeindruckenden Panama Kanal war dann auch ziemlich rasant – und wunderschön.

Bis zu dem Moment, als Levis Windel überläuft. Angestrengt versuche ich in den unzähligen Kurven der Bergstraße, mein stinkendes Kind von der Sitznachbarin fernzuhalten. Es ist so eng, dass ich im Moment nichts anderes machen kann. Josef sitzt mit Aaron eine Reihe weiter und wünscht sich eine Tüte, in die er sein Frühstück zurückgeben kann.

Wir verschieben alle Sorgen auf später

El Valle versöhnt uns sofort restlos. Der Ort liegt im größten besiedelten Vulkan der Welt und ist wegen der milden Temperaturen ein beliebtes Wochenendziel der Großstädter. Man könnte hier reiten, Quad fahren oder an einem Hochseil durch den Dschungel rauschen. Wir gönnen uns lieber eine natürliche Schlammpackung in den „Pozos Termales“. Es ist lustig, unter dem grünen Dach des Dschungels neben panamaischen Männern mit erdbeschmierten Gesichtern zu sitzen, während ihre Frauen sich vor einem kleinen Spiegel am Baumstamm drängen und kichernd die nächste Schlammpackung auftragen. Levi verliebt sich im Babybecken in ein gleichaltriges Mädchen und der Bademeister lässt Aaron mit dem großen Kescher die Blätter aus dem Wasser fischen. So geht Wellness in Panama.

Schlammpackung

Foto: Josef Mayerhofer

 

Mit bestimmt dreißig Prozent feineren Poren sitzen wir wenig später auf der ledergepolsterten Rückbank eines gelben Pickups. Eine halbe Stunde schrauben wir uns über kaum befahrbare Schlammstraßen immer höher den Berg hinauf, tief in den Nebelwald hinein. Der Taxifahrer soll uns in ein paar Stunden abholen, aber wir sind nicht ganz sicher, ob er uns verstanden hat. „Verdammt, kein Empfang“, setzt Josef noch einen drauf. Wir verschieben alle Sorgen auf später und machen uns auf den Weg durch Cerro Gaital, ein lohnendes Naturschutzgebiet für Vogelkenner.

Die vielen, vermutlich wunderschönen Vögel hören wir zwar, können sie aber nicht mit dem Fernglas aufspüren. Dafür sehen wir auf Schritt und Tritt Pflanzen, für die man zuhause in den botanischen Garten geht: Alles wächst durcheinander, obendrauf, drumherum. Ich bilde mir ein, die mörderischen Wurzeln einer Würgepalme zu sehen. Eine Pflanze, die einen Baum von der Krone aus so eng umschlingt, dass er irgendwann nach Jahren abstirbt. Wäre mein Spanisch ein bisschen besser, könnte ich den Taxifahrer danach fragen. Er ist mit zwanzig Minuten Verspätung tatsächlich wiedergekommen. Erleichterung.

Mehr ausgeben als geplant

Dieses berauschende Gefühl von weichender Anspannung wird uns bei der Reise auf der Panamericana immer wieder durchströmen. Wir jubeln, als die Busfahrt von Penónomé nach Santiago doch nicht mehr vier Stunden dauert, sondern nur noch vierzig Minuten. Wir hatten den zahnlosen, alten Mann einfach nur falsch verstanden. Ich bin tief gerührt, als die Kinder am Strand von Santa Catalina eine ganze Tagesreise einfach abwaschen, indem sie nackt im lauwarmen Flussbett toben. Und es ist ein einziger Glückstaumel, als Josef kurz vor Einbruch der Dunkelheit mit einem ungläubigen Grinsen von seiner stundenlangen Hostel-Suche zurückkommt: Im Surf Camp genau gegenüber ist doch noch eine Holzhütte für uns frei. Teuer zwar, aber traumhaft schön im Vergleich zu der Baracke mit dem eingefallen Wellblechdach, in die wir aus Verzweiflung fast schon eingezogen wären.

Foto: Josef Mayerhofer

 

Backpacking mit Kindern zwingt uns, manchmal mehr auszugeben als geplant. Weil wir nie weit im Voraus reservieren, sind die billigsten Unterkünfte immer schon weg. Und mit jeder neuen Bleibe und jeder Busfahrt verlieren wir Dinge: Handtuch, Shampoo, Sonnenbrillen, Sandalen, den Empfänger vom Babyphon und Spielsachen. Ich ärgere mich, aber Josef sieht es positiv: „Wenigstens wird der Rucksack leichter.“ Aaron und Levi sind begeistert, als wir die guten Metallautos durch billige Plastikdinger aus dem kleinen Dorfladen ersetzen. „Können wir noch was verlieren?“, fragt Aaron.

Santa Catalina ist so heiß wie die frittierten Kochbananen, die hier zu jedem Gericht serviert werden. Darum verbringen wir die meiste Zeit im Wasser oder in der Hängematte auf unserem Balkon und werden erst am späten Nachmittag aktiv. Dann kaufen wir Mangos, Orangen, Bananen und eine Melone für insgesamt zwei Dollar von der Ladefläche des fahrenden Gemüsehändlers. Unsere schmutzigen Sachen stopfen wir in eine einsame Maschine am Straßenrand, die nur mit kaltem Wasser wäscht. Während wir warten, darf Levi auf dem Skateboard eines kleinen Mädchens sitzen, das unerschrocken den Hang zum Strand hinunter rollt. Sie und ihre „primos“ – alle sind hier mindestens Cousins – zeigen Aaron, wie man ohne Schläger Baseball spielt. Wir spendieren den Kindern eine Kugel Erdbeereis, das die Verkäuferin aus einer Familienpackung vom Supermarkt kratzt. Aaron überlässt seines, nicht ganz freiwillig, einem aufdringlichen Straßenhund.

Überhaupt, die Tiere. Besonders viele Meeresbewohner sehen wir am letzten Tag beim Schnorcheln vor der nahen Insel Coiba, ein UNESCO Weltnaturerbe. Unter mir schwimmt lange Zeit gemächlich ein Weißspitzenriffhai. Die Delphine, Schildkröten und fliegenden Fische, die sich um unser Boot tummeln, haben es eher eilig. Aber die vielen Krebse im weißen Sand der winzigen „Isla Granito De Oro“ können Levi nicht entkommen. „Rebse!“ ruft er begeistert und hält sie zwischen seinen kleinen Fingern fest, bis sie sich freikämpfen. Wir Erwachsenen freuen uns über das Gürteltier, das Faultier und die „Titi-Äffchen“, die wir im Laufe der Reise noch sehen werden, Aaron aber ist hellauf begeistert von einem einfachen Hausschwein.

Foto: Josef Mayerhofer

Foto: Josef Mayerhofer

Wickeln geht auch auf dem Schoß

Santa Catalina ist ein Disneyland für Backpacker – mit leckeren Pfannkuchen zum Frühstück und Yoga um Vier. Aber wir wollen noch mehr Panama! Wir fahren deshalb in das kleine Dorf Soloy, in der autonomen Provinz „Comarca Ngöbe-Buglé“. Hier wollen wir den Alltag der Ngöbe kennenlernen, die stolz auf ihre indigenen Wurzeln sind und an ihren Traditionen festhalten.

Im Bus fühlen wir uns jetzt fast schon wie Einheimische: Keine Angst mehr, dass die Rucksäcke bei der wilden Fahrt über die Panamericana vom Dach fallen könnten. Und kein Problem, dass der kleine Toyota Coaster wie immer bis zum letzten Platz besetzt ist. Blitzschnelles Wickeln auf dem Schoß ist inzwischen meine Spezialität und Levi schläft neuerdings schon nach den ersten drei schaukelnden Minuten ein. Aaron drückt sich die ganze Zeit die Nase am Fenster platt und verkündet jede Attraktion am Straßenrand: „Schau mal, Papa, ein Pferd! Ein roter LK-Wagen! Und noch ein Pferd!“

Soloy

Foto: Josef Mayerhofer

 

An der staubigen Straßenkreuzung Horconcito warten wir erstmals über eine Stunde auf den alten, amerikanischen Schulbus, der uns weiter nach Soloy bringen wird. Es gibt nichts zu tun und nichts zu sehen. Erstaunlich, wie ruhig und geduldig panamaische Kinder sind: Ein kleiner Junge sitzt mit seinem Großvater still und regungslos auf einem riesigen Sack Reis. Unsere Söhne benehmen sich währenddessen wie aufgedrehte Gäste einer krawalligen Talkshow.

Als wir in Soloy aus dem Bus stolpern, stehen die lebendigen Blondschöpfe sofort im Mittelpunkt. Jeder im Dorf will die kleinen „gringos“ sehen. Ältere Ngöbe-Frauen bleiben stehen und wuscheln ihnen mit den faltigen Händen durchs sonnengebleichte Haar.

Tage in der Hängematte

Die Bejeranos sind unsere Familie auf Zeit: Die Eltern, fünf Kinder und der Großvater teilen sich zwei grün und rot gestrichenen Holzhütten. Julia, unsere Gastgeberin, führt ihren Haushalt ohne Waschmaschine und andere elektrische Helfer. Die Toilette hat keine Spülung, der wenige Besitz hängt mit Nägeln an der Wand und unsere Matratze ist ein handbreiter Schaumstoff mit einem löchrigen, aber sauberen Laken.
Trotzdem gehören die Bejeranos sicher zu den besser gestellten Familien. Sie haben Solarzellen, die den Strom für die Handys, das Küchenradio und die zwei Glühbirnen in der Nacht liefern. Auch zu essen gibt es genug: Schon zum Frühstück bekommen wir kräftig mariniertes Fleisch und große Berge Reis, Bohnen oder Kartoffeln. Zusätzlich kocht sie noch für jeden einen Becher dickflüssiger Reismilch mit Zimt, der uns schon allein sattmachen würde.

Soloy

Foto: Josef Mayerhofer

 

Die Kinder fühlen sich sofort zuhause: Aaron bleibt lieber zum Spielen bei der fremden Familie als mit uns Wasser kaufen zu gehen. Levi sitzt, wie Julias Baby Marco, nackt auf dem trockenen, roten Boden und lässt seine Autos rollen. Obwohl die Hunde nicht angeleint sind, der Grund zur Straße hin steil abfällt und auch Werkzeuge herumliegen, machen wir uns keine Sorgen. Julias Kinder kümmern sich hingebungsvoll um die Kleinsten und lassen sie keine Sekunde aus den Augen.

Josef und ich können tun, was man hier in seiner freien Zeit eben tut: nichts. Eigentlich wollten wir Panamas größten Wasserfall sehen, aber die sechsstündige Wanderung würden wir bei der Hitze wohl nicht überstehen. Stattdessen lassen wir uns im kühlen Río Fonseca von der Strömung treiben oder wir liegen in der Hängematte auf der schattigen Terrasse und knabbern harte Mangostücke mit Salz und Pfeffer. Am Abend sitzen alle sieben Kinder um den Großvater herum und wir Erwachsenen trinken Unmengen von Julias süßem Kaffee. Sie zeigt uns, wie sie in wochenlanger Handarbeit die aufwendig verzierten Kleider für sich und ihre Töchter näht.

Soloy

Foto: Josef Mayerhofer

 

Das nächste Hahnenkrähen kommt schon wieder viel zu früh. Julia drückt uns zum Abschied so fest wie meine eigene Mutter es tun würde. Wir werden schreiben, natürlich.

Je mehr Eindrücke, desto mehr Urlaub

Trotz der Wehmut freuen wir uns auf das Ziel unserer Reise: die schöne Kaffee- und Orchideenstadt Boquete. Hier thront Barú, Panamas höchster Vulkan, und durch den angrenzenden Nationalpark führt eine der berühmtesten Wanderstrecken um den rot-grün gefiederten Quetzal vor die Fernglaslinse zu bekommen. Ein Höhepunkt im Leben jedes Ornithologen – den wir auslassen werden.

Wir sind stattdessen am Höhepunkt der Gelassenheit angekommen: Der Hostelbesitzer hat unsere Reservierung vom Vortag einfach vergessen? Egal, gehen wir eben für eine Nacht ins Nachbarhotel. Es gibt es kein Extrabett für die Kinder? Macht nichts, schlafen wir halt quer auf der Queensize-Matratze. Nicht einmal mehr Erdbeben können uns aus unserer wohligen Lethargie reißen. Die Erde bebt dreimal, als würde ein Zug übers Dach fahren. Aber wenn der amerikanische Rentner vom Nebentisch seinen Fischburger so genüsslich weiter isst, wird wohl keine Gefahr bestehen.

Jetzt, kurz vor dem Rückflug, erkennen wir, was zwei Wochen im selben Hotel von zwei Wochen auf der Panamericana unterscheidet: die gefühlte Reisedauer. Je mehr man herumfährt und je mehr man wagt, desto mehr neue Eindrücke bekommt das Gehirn. Die Rucksackreise war eine ziemlich verrückte Methode, uns ein paar Tage Extraurlaub zu verschaffen.

Die vielen Fahrten, die nervenraubende Suche nach Unterkünften, die kleinen Pannen und der Kulturschock in Soloy waren zwar anstrengend. Aber das alles hat uns gezeigt, wie sehr wir uns in stressigen Situationen aufeinander verlassen können. Zum Beispiel, als Josef fünf Minuten vor dem Boarding nach Frankfurt plötzlich ohne ein Wort zu sagen wegrennt, weil er unseren Rucksack mit allen Dokumenten im Süßigkeitenladen vergessen hat. Kaum zu glauben: In der ganzen Zeit auf der Panamericana haben wir weniger gestritten als bei einem einzigen Besuch im Panoramabad.

Panama City

Foto: Josef Mayerhofer

 

Erschienen im Familienmagazin Nido, hier in einer längeren Fassung.