Eine Erdbeben-Katastrophe wie in Japan zeigt uns, wie verletzlich unsere tägliche, lebensnotwendige Versorgung ist. Viele verlassen sich vollkommen auf das System. Schutzbunker voller Konserven sind etwas für paranoide Amerikaner, die im Kalten Krieg hängen geblieben sind. Der moderne Bürger kauft alles frisch und nur soviel, wie er braucht. Hamstern schickt sich nicht. Oder sollten wir nicht doch ein bisschen vorsorgen?

Foto: Zabowski

Wie viele Kerzen haben wir? Besitzen wir einen Gaskocher? Wie lange kommen wir mit unseren Wasservorräten aus? Es braucht schon eine tiefe Erschütterung vom Ausmaß des japanischen Erdbebens am Freitag, um solche Fragen bei uns entstehen zu lassen. Wir stellen sie uns immer dann, wenn andernorts plötzlich die Infrastruktur zusammenbricht, der Strom ausfällt und Menschen vor Supermärkten Schlange stehen, um die letzten Lebensmittel zu ergattern.

Ich kann diese Fragen zumindest für unsere Familie schnell beantworten: Wir haben ein paar Teelichter vom letzten Deko-Anfall, der mich im IKEA überkommen hat. Unser Gaskocher dürfte in der Campingkiste im Keller stehen. Hoffentlich. Und unsere Wasservorräte: nicht vorhanden.

Auch sonst sieht es eher dürftig aus mit unseren Reserven: Mit den fünf Tomatendosen, ein paar Konserven Kichererbsen und Bohnen und den zwei Gläsern eingelegten Gurken würden wir drei wohl nicht lange überleben. Klar, wir haben noch ein paar Kilo verschiedenes Getreide, Mehl, Reis, Nudeln, Zucker, Öle und so weiter. Alles, was man für den täglichen Gebrauch eben benötigt. Das war’s dann aber auch.

Die Empfehlung der zuständigen Bundeszentrale sieht anders aus: Für 14 Tage ohne Fremdversorgung sollte man sich wappnen, heißt es auf der staatlichen Website ernaehrungsvorsorge.de. Der nötige Vorrat für unsere dreiköpfige Familie würde etwa 60 Kilogramm Nahrung und über 70 Liter Getränke ausmachen, sagt mir der Vorrats-Kalkulator.

Doch auch nicht-essbare Utensilien müssen im Notfall parat sein: Ein Gaskocher ist besonders wichtig, um auch bei einem Stromausfall noch warme Mahlzeiten zubereiten zu können. Jeder, der schon mal auf einem Musikfestival Dosenravioli „zubereitet“ hat, weiß, dass man etliche Gaskartuschen einkalkulieren muss.

Vielen Münsterländern wurde das im Dezember 2005 schmerzlich bewusst – als es schon zu spät war. Nach heftigen Schneefällen waren mehrere Orte von der Umgebung komplett abgeschnitten, ein flächendeckender Stromausfall legte für mehrere Tage alles lahm.

Eine Studie der Hochschule Münster nahm das zum Anlass, die Selbsthilfe-Bereitschaft der Münsterländer zu beleuchten: Während des Stromausfalls wäre ein Drittel der befragten Haushalte höchstens zwei Tage lang mit ihren Lebensmittelvorräten ausgekommen. Mehr als 40 Prozent der Haushalte hatten längere Zeit keine Möglichkeit, Wasser zu erhitzen oder zu heizen. Trotz dieser einschneidenden Erfahrungen hat nicht einmal ein Drittel der Befragten später das Einkaufsverhalten verändert. Die Autoren der Studie begründen das auch damit, dass das Krisenmanagement in der Region damals ausgezeichnet funktioniert habe.

Und sie stellten außerdem einen interessanten Zusammenhang fest: Wer sich Vorratshaltung leisten konnte, der gab auch zu Protokoll, wie wichtig diese Vorsorge sei. Haushalte, die finanziell schwächer waren, schienen das eher zu verdrängen. Die Hälfte behauptete, Vorräte seien nicht nötig.

Auch wir haben natürlich tausend Ausreden, keinen Vorrat anzulegen: Keine Speisekammer, der Keller ist ein Drecksloch, viel zu anstrengend. Und außerdem würde uns der Staat im Notfall doch auch versorgen.

Tatsächlich gibt es riesige Hallen, in denen Vorräte für den Ernstfall lagern. Sie bestehen einerseits aus der „Zivilen Notfallreserve“: Reis (Lang- und Rundkorn), Hülsenfrüchte (Erbsen und Linsen), Kondensmilch und Vollmilchpulver. Zusätzlich lagern in der Nähe von verschiedenen deutschen Mühlen auch die Getreidevorräte des Bundes.

So soll im Ernstfall eine Versorgung der städtischen Bevölkerung mit wenigstens einer Mahlzeit pro Tag gewährleistet sein. Den Rest des Tages würden wir saure Gurken essen.