Es ist das zentrale Problem der Energiewende: Wie kann man die volatil erzeugten erneuerbaren Energien so haltbar machen, dass der Strom dann verfügbar ist, wenn er gebraucht wird? Forscher und Unternehmen in ganz Deutschland tüfteln daran. Eine Übersicht.


Lithium-Ionen-Zellen

Lithium-Ionen-Akkus sind mobil schon lange im Einsatz, für die Energiespeicherung im großen Stil aber kaum. In Schwerin-Lankow errichtet die Firma Younicos im kommenden Jahr den ersten kommerziellen Lithium-Ionen-Batteriepark Europas, mit einer Leistung von 5 Megawatt. Der Standort im Netzgebiet der WEMAG AG liegt günstig: Etwa 80 Prozent des Strombedarfs würden aus regenerativen Quellen stammen, sagt der Vorstand des Versorgers, Thomas Pätzold.

Grundwasser
Aquiferspeicher erwärmen natürliche Grundwasserschichten mit überschüssiger Energie und setzen die Wärme anschließend mit etwa 20 Prozent Verlust wieder ein. Das prominenteste Pionierprojekt für diese Idee befindet sich unter dem Berliner Reichstagsgebäude. In den Sommermonaten wird die nicht benötigte Energie aus einem Pflanzenöl-Biomasseheizkraftwerk etwa 300 Meter unter der Erde gespeichert – und im Winter wieder abgerufen.

Adele
Dieser einprägsame Name versteckt den technischen Begriff „adiabater Druckluftspeicher“. Die RWE AG plant im Städtchen Staßfurt in Sachsen-Anhalt mit dem Elektronikkonzern General Electric und weiteren Partnern einen Druckluftspeicher, der einen Wirkungsgrad von etwa 70 Prozent haben soll. Mit einer Leistung von 90 Megawatt soll er vier Stunden lang etwa 50 der örtlichen Windräder ersetzen können. Erst 2018 soll das 40-Millionen-Euro-Projekt fertig sein.

Pumpspeicherkraftwerk (PSW)
Diese bewährte Technik nutzt die potentielle Energie von Wasser: Es wird einen Berg hinaufgepumpt; bei Strombedarf fließt es ab und treibt eine Turbine an. Mit einer Leistung von 1060 Megawatt ist das thüringische PSW Goldisthal das bedeutsamste Wasserkraftwerk in Deutschland und eines der größten in Europa. Umweltschützer bemängeln die massiven Eingriffe in die Natur, auch wird der Gesamtwirkungsgrad kritisiert: Er liegt bei 70 bis 80 Prozent.

Heiße Formel
Dem Maschinenbauprofessor André Thess von der technischen Universität Ilmenau soll es gelungen sein, mit einer Formel den Wirkungsgrad von Strom-Wärme- Strom-Speichern aller Arten berechnen zu können. Dabei wird Elektroenergie mit Wärmepumpen als heißes Wasser gespeichert und wieder zurückgewonnen. Die renommierte Fachzeitschrift „Physical Review Letters“ berichtete über die Methode, die als Grundlage für Pilotanlagen dienen soll.

Methan
Beim Verfahren der Methanisierung braucht man zunächst Strom, der idealerweise aus erneuerbaren Quellen stammt, und stellt so mittels Elektrolyse Wasserstoff her. Dieser wird dann mit Kohlenstoffdioxid zu synthetischem Methan, das direkt ins Erdgasnetz eingespeist werden kann. Allerdings geht in diesem mehrstufigen Verfahren viel Energie verloren: Der Gesamtwirkungsgrad liegt nur bei 20 bis 40 Prozent, wenn das Methan in Gaskraftwerken genutzt wird.

Druckluft
Druckluftspeicherkraftwerke verwenden natürliche Salzkammern oder andere stoffdichte Behälter, um darin Luft zu komprimieren. Der entstandene Druck kann in Spitzenlastzeiten dazu genutzt werden, über Turbinen und Generatoren die mechanische Energie in elektrischen Strom zu verwandeln. Bisher gibt es nur zwei großtechnische Anlagen weltweit, die nach dem Prinzip arbeiten:
im amerikanischen Alabama und in Niedersachsen. Das deutsche Druckluftspeicherkraftwerk Huntorf, das vom Versorger
E.oN betrieben wird, hat eine Leistung von 321 Megawatt. Die Luft aus den Salzkammern in bis zu 800 Meter Tiefe entweichen zu lassen dauert etwa zwei Stunden. Der Gesamtwirkungsgrad des Kraftwerks liegt nur bei 42 Prozent, denn es geht zum Beispiel die Wärme verloren, die beim Hinabpumpen entsteht.

Auto
Gas- und Elektrofahrzeuge gelten als große Hoffnung des Speicherproblems. In diesem Herbst eröffnete
der Autobauer Audi im niedersächsischen Werlte eine Gasanlage, die das synthetische Methan im großen Maßstab produziert: Jährlich sollen etwa 1000 Tonnen in das Erdgasnetz eingespeist werden. Die Abwärme, die bei dem Verfahren entsteht, wird für eine benachbarte Biogas-Anlage genutzt, die wiederum das Co2 für die Methanisierung liefert.

Blei
Schon seit über 100 Jahren ist das Prinzip von Blei-Säure- Batterien bekannt und daher eine ausgereifte Technologie. Dieser Typ erreicht Wirkungsgrade zwischen 80 und 90 Prozent, jedoch dauert die Ladung bis zu 16 Stunden. Der Energiepark Mont-Cenis, der von der Stadtwerke Herne AG betrieben wird, besteht aus über 800 einzelnen Batterien und wiegt insgesamt 90 Tonnen – bei einer Leistung von 1,2 Megawatt.

Kohlegruben
Da die topographischen Bedingungen in Deutschland für weitere klassische Pumpspeicherkraftwerke schlecht sind, werden neue Standorte für dasselbe Prinzip gesucht. In Duisburg-Essen prüft eine Kompetenzgruppe aus Forschern und Bergbauunternehmern, ob sich Steinkohlegruben auch als Reservoirs zur Energiespeicherung eignen würden. Sie rechnen mit möglichen Fallhöhen von bis zu 1200 Metern. Erste Aussagen zur Machbarkeit soll es bereits 2014 geben.

Fester Körper
In einem Steinbruch bei Heidelberg soll schon im Jahr 2014 eine Hubspeicher-Pilotanlage gebaut werden. Sie würde mit regenerativ erzeugtem Strom statt Wasser etwa einen Körper aus Beton oder Stein bewegen. Den Wirkungsgrad beziffert der projektverantwortliche Professor der SRH Hochschule Heidelberg, Achim Gottscheber, mit über 90 Prozent. Hubspeicher könne man in nahezu jeder Umgebung bauen und Chemikalien, Schwermetalle oder Co2 würden auch nicht benötigt. Den wahren Vorteil dieser Technologie sieht Gottscheber aber in den Investitionskosten: „Pro Kilowattstunde liegen sie bei einem Hubspeicher nur etwa bei 10 Cent.“ Die Kostenkalkulation sei in der Debatte um Speichermethoden wichtiger als der Vergleich von Wirkungsgraden, sagt er. „Aber solange man Strom ins Ausland verschenken muss oder sogar dafür bezahlen muss, dass ihn jemand nimmt, könnten sich auch teure Speichermethoden sehr schnell rechnen.“

Erde
Nicht nur Grundwasser, auch Erde kann man mit überschüssiger Energie – etwa aus Photovoltaikanlagen – erwärmen, um diese in den sonnenlosen Zeiten wieder abzurufen. Die Solarstadt Neckarsulm hat einen europweit in dieser Größenordnung einzigartigen, sogenannten „Erdsondenspeicher“ im Stadtteil Amorbach gebaut. Nach dem Endausbau werden mehr als die Hälfte des Heizbedarfs solar gedeckt und 80 Prozent der üblichen Co2-Emissionen eingespart.