Früher ein reichlich verfügbarer Rohstoff der Bauern, ist eine hochalpine Kiefernart zum neuen Edelholz geworden. Der einmalige Duft der Zirbe weht längst auch durch deutsche Häuser.

Der Zirbenrausch in Österreich wurde schon im Juli vor zwei Jahren offiziell. Im Gebiet der Kärntner Nockalpen erwischte die Bergwacht einen Sammler mit mehr als 3000 Zirbenzapfen. Aus so vielen Samen der geschützten Kiefernart hätte er fast 1000 Liter Zirbengeist gewinnen können, ein Edelbrand mit leuchtend roter Farbe und einem unverwechselbar holzig-herben Geschmack. Nicht mehr nur österreichische Schnapstrinker können kaum genug vom Aroma der Zirbe kriegen.

Der immergrüne Baum, den die Schweizer Arve nennen, hat für die Bewohner der Hochalpen seit jeher eine fast mystische Bedeutung. „Die Königin der Alpen“ wächst in Höhen von 1500 bis 2800 Metern, wird bis zu 1000 Jahre alt und übersteht härteste Witterungen. Bauern zimmerten aus dem intensiv duftenden Holz schon vor Jahrhunderten ganze Stuben, Betten und Kleiderschränke und nutzten Zirbenöl bei Erkältung oder Gelenksschmerzen.

Diese Mischung aus uralter Geschichte, limitierter Herkunft und angeblicher Heilkraft hat die Zirbe zu einem der begehrtesten alpinen Hölzer gemacht. Längst ist sie den Bauernstuben und Almen entwachsen, schwebende Zirbenbetten findet man in den Stadtwohnungen naturverbundener Leistungsmenschen.

Wer nicht mindestens zweitausend Euro für ein Bett aus metallfrei gesteckten Massivholzteilen ausgeben möchte, holt sich formschöne Wohnaccessoires aus Zirbe ins Haus. Die haben mit Edelweiß-Herzen-Schnörkel-Stil nichts mehr zu tun. Sei es eine schlicht gedrechselte Vase, ein Schneidebrett mit schwarzem Corian-Einsatz oder eine Glaskaraffe mit Zirbenkugel, die das Wasser schmecken lässt, als hätte man es mit Baumrinde direkt aus einem Gebirgsbach geschöpft.

Zirbenfans aus aller Welt

In seinem ausgesuchten Online-Shop „4betterdays.com“ bietet Elmar Frischmann neben Produkten aus anderen regionalen Holzarten fast für jeden Wohnbereich ein Stück aus unbehandelter Zirbe an: ob Hundebett, Wäschetruhe, Garderobenbank oder stapelbares Regalsystem. Sein Siegel „Handmade in the Alps“ überzeugt internationale Massivholzfreunde aus Deutschland, Australien oder den Vereinigten Staaten.

Um die Zirbe sei ein Hype entstanden, sagt Frischmann. Der Markt kocht gerade über, die Kosten für Rohholz stiegen im letzten Jahr um sechzig Prozent. Viele Bauern mit Zirbenbeständen würden momentan gar nicht mehr fällen lassen, im Glauben, auf Gold zu sitzen. „Dabei sind Föhre, Fichte oder Lärche genauso wohltuende Hölzer“, findet der Händler. Zirbe sei eine Rarität, die man auch so behandeln sollte.

An der weiteren Verbreitung des Zirbenfiebers arbeiten derweil die drei jungen Gründer von Zirb, einem Start-up für Raumluftdesign. In der kleinen Werkstatt seines Vaters entwickelte der Tiroler Student Benedikt Handler einen gleichnamigen, modernen Luftbefeuchter: In einen geradlinigen, brandverzierten Korpus aus dem seltenen Kiefernholz füllt man handgehobelte, lange Späne, die er „Zirbenlocken“ nennt. Ein lautloser Ventilator verstärkt deren Wirkung.

Natürlichkeit ohne ästhetische Kompromisse

Technik und Tradition, klares Design und die geruchliche Erinnerung an Wald – das fasziniere auch junge Menschen. „Beim üblichen Zirbenkissen denkt man an Omas Küchenbank, aber unser reduziertes Design fügt sich in jede Umgebung ein“, sagt Mitgründer Carl Simbruner. Steuerberater kaufen den Luftbefeuchter für ihren Besprechungsraum, Ärzte stellen ihn ins Wartezimmer und der österreichische Fitnessguru Toni Klein stattete damit einige Studios aus.

Ihr Anspruch an Natürlichkeit, ohne ästhetische Kompromisse, überzeuge die Kunden auch bei der Verpackung, sagt Simbruner. Zirb kommt nicht in Ploppfolie gewickelt an, sondern liegt auf Ötztaler Schafwolle gebettet in einer wachsversiegelten Zirbenholzkiste.

Das Material dafür sei immer schwerer in der besten Qualität zu bekommen, sagt Handler. „Viele Lieferanten lassen das Holz nicht mehr an der Luft, sondern schnell in der Kammer trocknen.“ Verheerend für die ätherischen Öle. Ihren Rohstoff kaufen die Luftverbesserer jedoch bei einem Landwirt aus dem rauen Stubaital. Der alte Mann geht nur beim richtigen Mond zu den Zirben, um das kostbare Holz zu schlagen. So wie er es immer schon gemacht hat.